CD „S.O.S.“ Rezension von David Wonschewski

Rezension: Kugler & Waloschik – S.O.S.

kuglerwaloschiksos

von David Wonschewski

Benehmen wir uns doch einmal eine Spur daneben und fallen gleich zu Beginn mit einer kritischen Bemerkung ins Haus: Warum das Liedermacher-Duo Kugler & Waloschik auf ihren Flyern damit wirbt „akustisch! bissig!“ zu sein, nein, das mag sich auch nach mehrmaligem Durchhören ihrer CD „S.O.S.“ nicht so richtig erschließen. Eine Aussage, in der – zwischen den Zeilen Lesende haben es sicher bemerkt – bereits ein Kompliment versteckt ist. Denn immerhin haben wir die Platte mehrfach gehört, ja, sie mehrfach hören wollen. Haben sie immer wieder eingelegt. Und das binnen kürzester Zeit. Kein Wunder, wohnt doch dem, was Marcus Waloschik und Stefan Kugler hier in 14 Liedern anbieten, ein hoher Reiz inne. Ein sehr hoher sogar. Und vor allem: Ein sehr delikater, geradezu virtuoser Reiz. Womit wir bei dem Schlagwort sind, das auf eben jene Flyer gehört hätte: virtuos. Denn gerade die ausgemachte musikalische Expertise der weitgereisten Musiker ist es, die gleich vom Opener „Cargo (Schweine nach Berlin)“ an ganz heftig ins Ohr geht, den Hörer trägt und treibt und einfach nicht loslassen lässt. Nun ist der hier schreibende Rezensent zwar kein Musiker und dementsprechend eher in geringem Maße fähig einzuschätzen, wie hochklassig die hier dargebotene akustische Zupferei nun wirklich ist, die die beiden auf ihren so beglückend heiß laufenden Saitenschwerten vollbringen. Da genau das jedoch auch auf die meisten Hörer zutreffen wird, ist der hier gewählte Standpunkt vielleicht sogar der einzig wahre. Und so bekennen wir lustvoll: Nicht bei allen, aber bei den meisten Stücken klingt das so fein austangierte duale Gitarrensystem von Kugler & Waloschik einfach, tja: knallegeil.

Ja, genau, das „akustisch“ kann fraglos belassen werden auf dem benannten Flyer. Auch bissig sind sie ab und an, vor allem im wunderbar morbiden „Eines Tages“, das textlich und gerade im Refrain wie eine Kreuzung aus Ludwig Hirsch und den Ärzten daherkommt. Ja, klingt etwas seltsam zusammengepappt, dieses Lob, aber wenn es doch so ist: Die Hauptgesangslinie von “Eines Tages” ist eine Farin Urlaub-hafte Strophe. Wer nun aber – wir befinden uns hier schließlich in einem Kleinkunstmagazin und setzen den Rahmen diesbezüglich etwas dezidierter – aufgrund des Adjektivs “bissig!” satirisches Hochleistungskabarett erwartet oder aber Verbalexzesse jenseits von Gut und Böse wie sie beispielsweise Sebastian Krämer praktiziert, wird auf „S.O.S.“ nicht ganz fündig werden. Was allerdings so gar nicht gegen die immer wieder aufblitzende textliche Begabung sprechen soll, überhaupt nicht, hat die Platte doch eine ganze Menge Lieder zu bieten, die gerade vom Wortinhalt her besehen mehr als nur einer Erwähnung wert wären. Denn während das bereits erwähnte „Cargo (Schweine nach Berlin)“ ein fulminanter Einstieg ist, finden sich gerade auf dem zweiten Teil des Albums Songs, die fast schon als, tja, Gleichnis daherkommen. Vor allem „Die Legende vom lahmen Jakob“ und „Leistung lohnt sich wieder“ sind tiefsinnig durchstrukturierte Erzählungen in hochqualitativem Liedermachergewand, die mit Sicherheit zum Besten gehören, was das laufende Liedermacher-Jahr bisher zu bieten gehabt hat. Und dass auch Kugler & Waloschik ein Lied über einen Schiffskapitän im Repertoire haben, das sich mühelos in die Phalanx der vielen großartigen musikalischen Betrachtungen zu diesem Berufsstand begibt (Stählin, Mey, jüngst Walter Blau), gerät da fast schon zur erfreulichen Kür.